Den Deutschen ihr Lieblingssport
Die SG Findorff spielt seit dieser Saison in der Bezirksliga Bremen. Der Verein in dem Stadtteil Bremens, in dem ich wohne, ist letzte Saison abgestiegen und spielt deswegen in dieser, in der siebten Liga. Manchmal gönne ich mir den Spaß und verbringe am Wochenende zwei Stunden neben dem Fußballplatz. Eintritt kostet 2 Euro und man muss mit dem Schlimmsten rechnen. Aber manchmal kommen doch ganz ansehnliche Spiele heraus.
Auf der Website
Fussball.de finden sich Informationen zu so ziemlich allen Ligen in Deutschland. Und davon gibt es eine ganze Reihe! Laut
Wikipedia traten in der Saison 2012/13 33.633 Mannschaften in 2344 Ligen auf bis zu 13 Ebenen an. Und heute werden es nicht viel weniger sein. Wenn ich Informationen sage, dann bedeutet das meistens mindestens, dass dort steht, wer wann die Tore geschossen oder eine Karte bekommen hat. D.h., es gibt für jede Liga mindestens eine/n Fußballverrückte/n, der/die die Schiedsrichterberichte durchforstet.
So ziemlich in jedem Stadtteil und jedem Kaff gibt es einen Fußballverein - oder es gab ihn zumindest, auch wenn er mittlerweile aus Kostengründen mit dem Nachbarverein fusionieren musste.
Selbst wenn man zu den durchaus zahlreich vorhandenen Menschen gehört, die sich nicht für Fußball interessieren, kann man sich in Deutschland dem Lieblingssport nicht gänzlich entziehen. Von der Herrenweltmeisterschaft bis zum Staffelsieg der lokalen B-Jugend, von dem im Anzeigenblättchen berichtet wird. Der Fußball ist allgegenwärtig und hat einen hohen Stellenwert in der Gesellschaft. Dies bringt viele Vorteile mit sich. Genau wie alle anderen (gerade Mannschafts-)Sportarten auch und wegen seiner Popularität nunmal potenziert, hat er eine große Integrationskraft und ist auch aus gesundheitspolitischer Sicht unverzichtbar.
Doch es ist etwas faul im Staate Fußball. Schon lange ist klar, dass die FIFA, der quasi-mafiös aufgebaute Weltfußballverband, ein
korrupter Drecksladen ist. Nachdem Joseph "Sepp" Blatter jahrelang dort schalten und walten konnte, wie er es wollte, er und seine FunktionärInnen ordentlich Kasse machen und Staaten wie Südafrika und Brasilien ausnehmen konnten, waren es am Ende tatsächlich die USA bzw. das FBI, denen es zu bunt wurde. Und das, obwohl Fußball dort wenn überhaupt eher noch ein aufstrebender Sport ist - und vom sonst so omnipräsenten Ruf der "Amis" mal ganz abgesehen.
Eigentlich war schon das ein Armutszeugnis für die Verbände der eigentlich"großen" Fußballnationen. Auch für den Deutschen Fußballbund (DFB). Doch für den kommt es nun noch dicker. Das Sommermärchen, die Fußball-WM 2006, bei der die Welt zu Gast bei deutschen Freunden war und Deutschland sich endlich so nett präsentieren durfte wie es das schon immer wollte, soll gekauft worden sein. Und anscheinend doch nicht vom Satiremagazin
Titanic, sondern vom DFB höchstselbst. Wer jetzt wann genau bestochen und wer gelogen hat,
ist noch nicht so ganz klar. Und mediale Verbündete der damals agierenden Seilschaften (wie z.B. Sport-Bild-Cefredakteur
Alfred Draxler) versuchen auch eine Nebelkerze nach der anderen zu werfen. Was aber immer klarer wird: Auch der DFB hat ordentlich mitgemischt im globalen Fußballkorruptionskarussell. Ein Skandal, der die deutsche Fußballseele mitten ins Herz trifft!
Ein Skandal, der die deutsche Fußballseele mitten ins Herz trifft? Nun ja, ganz so einfach ist es nicht. Die Frage, die sich nun stellen wird, ist: Werden sich die Menschen hierzulande lange genug empören, damit es ernsthafte Reformen geben kann? Man schaue sich nur die deutsche Vereinsstruktur an. So mancher Landesverband einer Volkspartei ist transparenter und weniger klüngelbelastet als viele der Vereine an der Basis. Seilschaften gibt es auch dort zu genüge. Doch das ist in Ordnung: Man kennt sich ja. Und wer nicht mitmachen will, wenn am Stammtisch Entscheidungen getroffen will, der kann halt gehen. Dass nebenbei am gleichen Stammtisch davon gesprochen wird, wie korrupt unsere PolitikerInnen seien und dass die ja eh machen würden, was sie wollen, gehört zum guten Ton. Dass dies nicht auf alle Vereine zutrifft, ist selbstverständlich. Dass das deutsche Vereinswesen aber nicht gerade ein Hort progressiven Handelns ist, sollte ebenso klar sein.
Und es ist ja nun nicht so, dass die Empörung über die FIFA jemals groß genug geworden wäre, dass sich ernsthaft etwas geändert hätte. Die Party war bei jeder WM auf's Neue groß - obwohl allenorts über die FIFA gelästert wurde. Am Ende Schadenfreude zu empfinden und "RICHTIG SO!" zu schreien, wenn diverse FIFA-FunktionärInnen abgeführt werden - das reicht einfach für Hochmut nicht aus.
Fußball ist für alle da und sollte eigentlich demokratisch organisiert werden. Der Meinung bin ich auch. Doch Fußball ist auch ein Riesengeschäft. Mit der WM 2014 alleine hat die FIFA einen
Gewinn von 1,6 Milliarden Euro eingefahren. Da viele Leute bereit sind, direkt Geld auszugeben, Gebühren zu zahlen oder Werbung über sich ergehen zu lassen, wird das auch so bleiben. Unser Wirtschaftssystem lässt auch gar nichts anderes zu.
Das weckt viele Begehrlichkeiten und regt geradezu dazu an, sich diese Geldmassen zu eigen zu machen, um sie sich in die eigene Tasche zu wirtschaften oder damit Macht über den meistbeachteten Sport weltweit zu bekommen.
Eigentlich müsste Fußball also deutlich stärker zumindest demokratischer Kontrolle unterworfen werden - aber sind wir bereit, uns dafür einzusetzen? Die meisten von uns betrachten Fußball gucken und spielen als Freizeit, in der wir uns eigentlich nicht mit wirklich ernsthaften Themen beschäftigen wollen (auch wenn für viele ein Derby das ernsthafteste ist, was sie sich vorstellen können). Der Fußball ist eine Parallelwelt, in die wir immer mal wieder kurz eintauchen können, um uns der richtigen Welt zu entziehen.
Sind wir als Gesellschaft bereit, diese Parallelwelt zu einer Bühne des Politischen zu machen? Ich bleibe da eher skeptisch. Aber die Hoffnung stirbt wie immer zuletzt.
davezeville am 28. Oktober 15
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Über die fragwürdige Psychologisiererei zum Verhalten des Co-Piloten des Unglücksfluges
Es ist schon beeindruckend oder wegen fast selbstverständlich gewordener Verhaltensmuster für kritische LeserInnen langweilig oder beschämend, wie vermeintliche ExpertInnen anhand einiger vager Hinweise sich zu einer sicheren psychopathologischen Diagnose des Co-Piloten des Unglücksfluges 4U-9525 in der Lage glauben. Man weiß, dass sich der Co-Pilot in ärztlicher Behandlung am Universitätsklinikum Düsseldorf befand, die dort tätigen Ärzte berufen sich jedoch auf das gesetzliche geregelte Schweigegebot. Es sind in der Wohnung des Co-Piloten (auch zerrissene) Krankschreibungen ausfindig gemacht worden, die eine psychische Erkrankung des Co-Piloten (lediglich!) indizieren. Außerdem kolportiert man in Lufthansa-Kreisen eine Unterbrechung der Ausbildung wegen einer Depression, andere frühere Mitmenschen beschreiben den Co-Piloten als netten, freundlichen, tendenziell ruhigen Zeigenossen, der kein auffälliges Verhalten an den Tag legte.
Wenn mittels DNA-Analyse die sterblichen Überreste des Co-Piloten nachweisbar sind, beginnt erst die rechtsmedizinische Obduktion, welche physiologisch begründete Hinweise auf psychische Erkrankungen durch Blut- und Gewebsuntersuchungen geben kann. Aber auch an dieser Stelle ist zunächst abzuwarten, inwiefern die sterblichen Überreste für eine genaue Bestimmung einer psychischen Störung des Co-Piloten valide sind. Alle bis dato geführten Interviews – auch mit professionellen PsychologInnen – müssen ergo spekulativ bleiben und stellen mitnichten, wie im medialen Mainstream jedoch geschieht, vollendete Tatsachen dar. Zumal ein technischer Defekt des Flugzeuges auch immer noch nicht definitiv ausgeschlossen werden konnte.
Es ist also wieder einmal für unseren Mainstreamjournalismus bezeichnend, tragische Ereignisse durch Desinformation, Spekulationen und vermeintliche ExpertInnenmeinungen zu hypen und ein verzerrtes Bild der Realität zu präsentieren. Würden unsere QualitätsjournalistInnen sich selbst einmal derart darbieten, wie sie das politische Weltgeschehen oder solche tragischen Ereignisse wie den Flugzeugabsturz beurteilen, würden sie sich allesamt regelmäßig schwerwiegende dissoziative Wahrnehmungsstörungen chronischen Ausmaßes attestieren. Aber damit würden sie kein Geld verdienen. Anstatt dem Co-Piloten also voreilig ganz konkrete psychische Erkrankungen zu unterstellen, die jedweder psychopathologischen Validität entbehren, wäre eine Aufklärung über die Depression als psychischer Krankheit - vor allem durch die professionellen PsychologInnen und ÄrztInnen in den Interviews - wünschenswert. Auch im Anbetracht dessen, dass psychischen Krankheiten landläufig viele Vorurteile und Stigmatisierungen anhaften, unter denen psychisch Kranke häufig auch schwerlich zu leiden haben.
Um also nicht aufgrund der hiesigen Hinweise eine eindeutige psychische Störung des Co-Piloten abzuleiten, werden im folgenden, wenn auch in knapper Weise, wissenschaftlich fundierte Informationen über die im Zusammenhang mit den Co-Piloten postulierte psychische Krankheit der Depression vermittelt, anhand derer das öffentliche Bild einer Depression dekonstruiert und entstigmatisiert werden soll, da die Aufklärungsarbeit der öffentlich auftretenden PsychologInnen bedauerlicherweise zugunsten vereinfachender und fehlleitender Erklärungen respektive sofortiger Diagnosestellungen vernachlässigt wird.
Getreu unserer Devise „the important thing is not to stop questioning“, ist auch im Hinblick auf die peinliche Psychologisiererei in der Öffentlichkeit kritisch mit- und weiterzudenken.
Die Depression zählt nach heutigem wissenschaftlichen Konsens durch die weitgehend anerkannten Klassifikationssysteme von Krankheiten ICD-10 und DSM-IV zu den affektiven Störungen. Zu den bekanntesten affektiven Störungen gehören sowohl die Manie als auch die Depression, während affektive Störungen sowohl uni- als auch bipolar auftreten können. Treten sie bipolar auf, wechseln sich manische und depressive Episoden im Krankheitsverlauf ab. Da es hier um eine uniplorale affektive Störung der Depression geht, wird die Manie im Weiteren ausgeklammert. Aber anhand dieses Beispiels wird schon ersichtlich, wie kompliziert eine eindeutige Diagnosestellung psychischer Störungen ist. Körperliche wie psychische Symptome können oftmals nicht eindeutig einer Krankheitskategorie zugeordnet werden, eventuell treten auch weitere Krankheiten komorbid zur vermuteten Krankheit auf. Typische Komorbitäten zur Depression sind Angststörungen, Substanzmissbrauch, sexuelle Funktionsstörungen und Persönlichkeitsstörungen (vgl. hierzu die jeweiligen Kapitel im ICD-10)
Eine Depression zeichnet sich laut ICD-10 durch folgende Symptome aus:
1. Eine ungewöhnlich niedergeschlagene Stimmung über die meiste Zeit des Tages und fast täglich, auch unabhängig von externen Einflussfaktoren.
2. Der Verlust von Freude und Interesse an angenehmen Aktivitäten (Anhedonie).
3. Antriebsschwäche oder erhöhte Müdigkeit.
Ferner ist zu bedenken, dass eine Depression in unterschiedlichen Schweregraden in Erscheinung treten kann. Im ICD-10 werden also leichte, mittelgradige und schwere Depression unterschieden.
Weitere Symptome einer Depression:
4. Verlust von Selbstwertgefühl
5. Unangemessene Schuldgefühle
6. Wiederholte Gedanken an den Tod oder Suizidgedanken
7. Konzentrationsstörungen und/oder Unentschlossenheit
8. psychomotorische Unruhe
9. Schlafstörungen
10. Auffällige(r) Verlust oder Steigerung des Appetits
Im Allgemeinen beträgt die Dauer der Symptome nach ICD mindestens zwei Wochen, genauso wie eine Einnahme psychotroper Substanzen oder eine organische Erkrankung ausgeschlossen werden kann, damit kategorial eine depressive Episode ohne Komorbiditäten nahe liegt.
Leidet jemand wiederkehrend an depressiven Phasen, spricht man von einer rezidivierenden depressiven Störung (vgl. für Depression v.a. F 32 im ICD-10).
Die Depression, epidemiologisch betrachtet, zählt zu den häufigsten psychischen Störungen, ihre Einjahresprävalenz liegt global gesehen bei 5-7% und ihre mittlere Lebenszeitprävalenz bei 16% (Stand 2009). Am häufigsten wird eine Depression im Lebensalter zwischen 20 und 30 Jahren diagnostiziert. Politische, soziale und wirtschaftliche Faktoren spielen bei der Prävalenz ebenfalls eine Rolle, so kann beispielsweise konstatiert werden, dass in niederen sozialen Schichten eine höhere Prävalenz für Depression besteht als in höheren Gesellschaftsschichten.
Weiterhin ist zwischen unterschiedlichen Ausprägungen der Depression zu unterscheiden. Bei einer Zyklothymia wechseln sich depressive und hypomanische (gradueller Unterschied zur Manie) Stimmungen ab, wobei eine Dysthymia durch eine Konstanz spezifischer Symptome gekennzeichnet ist (vgl. F 34.0 und F 34.1 im ICD-10). Psychotische Störungen (also Wahnvorstellungen und Halluzinationen) können mit einer Depression ebenfalls einhergehen, so zum Beispiel hypochondrischer oder nihilistischer Wahn. Aber auch Schuldwahn und/oder in extremer Ausprägung Stupor, der sich durch starke motorische Einschränkung oder Stummheit im wachen Bewusstseinszustand zeigt, können symptomatisch sein.
Fragt man nach den Bedingungen der Entstehung einer Depression als affektiver psychischer Störung, so bewegt man sich im Rahmen der Ätiologie der klinischen Psychologie. Hier herrscht mitnichten eine absolute Einigkeit innerhalb der klinischen Psychologie, welchen Faktoren bei der Entstehung einer Depression Vorzug zu gewähren ist. Dies spiegelt sich in dem Umstand der Existenz unterschiedlicher Paradigmen der klinischen Psychologie wider, die den Schwerpunkt auf unterschiedliche Faktoren bei der Entstehung psychischer Krankheiten, setzen. Psychodynamik, kognitive Lerntheorie und das biologisches Paradigma sind nur drei von mehreren verschiedenen Paradigmen der klinischen Psychologie, innerhalb derer eine psychische Krankheit unterschiedlich verstanden, erklärt und therapiert wird. Dieser Umstand der Paradigmenabhängigkeit verdeutlicht auf wissenschaftlicher Ebene, wie leichtsinnig und pseudowissenschaftlich die öffentlicht in Erscheinung tretenden PsychologInnen agieren und (des)informieren.
Hier soll nur knapp und exemplarisch die Depression aus Perspektive der kognitiven Lerntheorie und dem biologischen Paradigma beleuchtet werden.
Einer der bedeutendsten Vertreter der kognitiven Lerntheorie in Sachen Depression ist der Psychiater und Psychotherapeut Aaron Beck, der von vielen auch als Vater der kognitiven Verhaltenstherapie gefeiert wird. Das Kognitionsmodell Becks geht davon aus, dass auf drei verschiedenen Levels kognitive Prozesse eine Depression verursachen.
Während der Kindheits- und Jugendentwicklung machen Betroffene negative Lebenserfahrungen (z.B. Zurückweisung und Mobbing durch Gleichaltrige, Verlust eines Elternteils durch Tod/Scheidung, fehlende elterliche Zuwendung etc.), die zum Erwerb negativer kognitiver Schemata führen. Diese lösen kognitive Verzerrungen der Realität aus, die sich u.a. in willkürlichen Schlussfolgerungen, selektiven Abstraktionen, Maximierung und Minimierung sowie Schwarzweißdenken widerspiegeln. Schlussfolgerungen werden willkürlich, wenn sie nicht mittels Faktoren und Beweisen untermauert werden können, selektive Abstraktionen stützen sich nur auf ein oder wenige Details, wobei wichtige Faktoren oder Merkmale einer Situation ausgeklammert werden. Bei der Maximierung und Minimierung wird negativen Ereignissen bzw. Leistungen eine übersteigerte Bedeutung beigemessen, wohingegen positive Leistungen und Ereignisse merklich unterschätzt werden. Bekanntlich werden beim Schwarzweißdenken keine positiven und negative Aspekte integriert, sondern lediglich „schwarz“ oder „weiß“ gedacht, sodass es zu einer kognitiv verzerrten Interpretation der Welt kommt.
Die kognitiven Verzerrungen bedingt durch negative Lebenserfahrungen konstituieren eine der drei Ebenen zur Bedingung der Entstehung einer Depression. Aufgrund dieser manifestieren sich die kognitiven Schemata oder Überzeugungen, die durch Situationen im Leben, die an die negativen Lebenserfahrungen erinnern lassen, reaktiviert werden, auf zweiter Ebene. Diese wiederum bedingen die dritte Ebene kognitiver Vorgänge, welche Beck als kongitive Triade bezeichnet. Diese impliziert die negativen Ansichten auf drei konkrete Bezugspunkte, das Selbst, die Umwelt und die Zukunft, auf die sich die negativen Ansicht beziehen. Die kognitive Triade hat wiederum Einfluss auf die beiden anderen Ebenen der Kognition, sodass die drei Ebenen der Kognition in einem wechselseitigen Bedingungsverhältnis stehen, das die Entstehung einer Depression bedingt und verursacht.
In neueren Studien konnte auch ein bidirektionaler Zusammenhang zwischen Emotionen und Kognitionen belegt werden. Langzeituntersuchungen haben ergeben, dass eine wechselseitige Bedingung dysfunktionaler Eisntellungen sowohl emotionaler als auch kognitiver Einstellungen stattfindet, indem negative Emotionen als Ursache für negative Kognitionen und vice versa fungieren können.
Aus Perspektive des biologischen Paradigmas kommt die genetische Veranlagung der Betroffenen zum Tragen. Die klinische Psychologie spricht von einer genetischen Diathese bzw. Prädisposition für die Entstehung einer spezifischen psychischen Störung. Für die Bestimmung genetischer Zusammenhänge von psychichen Störungen sind Familien-, Zwillings- und Adoptionsstudien von Bedeutung, die an dieser Stelle jedoch nicht näher erklärt werden sollen. Es konnte durch einige Studien belegt werden, dass bei der Entstehung einer unipolaren Depression eine genetische Komponente konstitutiv ist. Markus Nöthen und Marcella Rietschel konnten u.a. 2002 in einer Studie belegen, dass Angehörige von unipolar depressiven Betroffenen ein Risiko von 15-20% für die Entwicklung derselben Krankheit aufweisen, während Angehörige von gesunden Probanden ein Risiko von lediglich 7-10% aufweisen. Während eine genetische Diathese also mehrfach belegt wurde, ist das Wie, also die Art und Weise des Zusammenhangs zwischen genetischer Veranlagung und der Entstehung einer Depression m.E. noch relativ unerforscht. Es wird von sehr komplexen genetischen Grundlagen ausgegangen.
Im Rahmen des biologischen Paradigmas sind auch neurowissenschaftliche Erklärungsansätze, die neurochemische Prozesse und hirnfunktionelle- sowie hirnstrukturelle Veränderungen von Betroffenen analysieren, besonders hervorzuheben. Diese können m.E. vor allem zu einer Entstigmatisierung von Depression beitragen, da sie die landläufige Vorstellung einer Depression als rein psychisches/geistiges Phänomen konterkarieren. Mittels moderner bildgebender Verfahren in der Medizin können spezifische Störungen von Hirnfunktionen- und strukturen in Zusammenhang konkreter psychischer Störungen, u.a. der Depression gebracht werden. Dass also ein Beinbruch unmittelbar als physisches Problem erkannt und eingesehen wird, während eine Depression oftmals als rein psychische Scheinkrankheit (emotionale Labilität o.ä.) verschrien wird und damit häufig ein unprofessioneller Umgang mit depressiven Patienten einhergeht (er/sie soll sich mal nicht so haben / zusammenreissen etc.), ist aus Sicht der Neurowissenschaft nicht haltbar, da klare physische Grundlagen bzw. Korrelate einer Depression nachweislich zu konstatieren sind.
Aus der Neuroanatomie ist bekannt, dass sowohl das Serotonin als auch das Dopamin als Neurotransmitter in Bezug auf Depression eine Rolle spielen. Auch hier können die Zusammenhänge nur kurz angerissen und geschildert werden, für ein differenziertes Verständnis funktioneller Neuroanatomie seien die zahlreichen Lehrwerke empfohlen, u.a. das hier auch relevante, 2014 erschienene Werk „Ein Blick ins Gehirn: Psychiatrie als angewandte klinische Neurowissenschaft“ von Dieter Braus. Die ängstlich-depressive Symptomatik ist auf eine geringe Serotonin-Rezeptor-Stimulation zurückzuführen, die im serotonergen System inklusive Hippokampus, subgenualem Kortex, posteriorem Zingulum und Amyglada nachgewiesen wurde. Anhedonie und Stupor können in Verbindung mit einen Dopaminmangel im dopaminergen System gebracht werden. Eine Dopmanindepletion verstärkt die beiden Symptome bei depressiven Patienten weitaus stärker als bei gesunden Probanden. Nach neusten Erkenntnissen hängen die beiden Neurotransmitter jedoch auch von Norephinephrin ab, das Einfluss auf die Funktion der beiden Neurotransmitter hat. Pathophysiologisch wird daraus die Hypothese abgeleitet, dass ein Eingreifen in letzteres System auch bei der Therapie affektiver Störungen eine Rolle spielen kann.
Neben dem neurochemischen Aspekt sind funktionelle und strukturelle Befunde für eine biologische Fundierung der Depression wichtig. Bei einer Depression korreliert eine Hyperaktivität limbischer Areale (Verarbeitung und Kontrolle von Affekten) sowie eine Hypoaktivität kortikaler Areale, die bei Tag und Nacht nachgewiesen werden konnten, womit von einer funktionellen Störung des Gehirns ausgegangen werden kann. Diese hirnfunktionelle Netzwerkstörung hat Auswirkungen auf Stimmungen, Ängste und Schmerzen (auch Schmerzerwartung, wie mittels fMRT belegt wurde). Strukturell konnte bei depressiven Patienten ein verringertes Hippokampusvolumen nachgewiesen werden, welches wiederum Einfluss auf die Funktionen wie Bewegung, Ernährung, Pflege sozialer Kontakte u.a. hat. Ferner konnten strukturell Läsionen in der weißen Substanz des präfrontalen Kortexes nachgewiesen werden. Je stärker die Depression, desto ausgeprägter die vaskulären Läsionen, die mit bildgebenden Verfahren stichhaltig festgehalten werden konnten. Weiterhin lassen sich Volumenreduktionen des rostralen anterioren Zingulum (funktionelle Bedeutung für physiologische und pathologische Gemütszustände) und des posterioren subgenualen präfrontalen Kortex festhalten, wobei letzterer Befund tendenziell eher spezifisch denn regelmäßig ist.
Neurochemische, hirnstrukturelle, aber vor allem hirnfunktionelle Veränderungen ließen sich noch weiter ausdifferenzieren. Für den Zweck, dass die Depression eindeutige biologische Grundlagen hat, die insbesondere mittels moderner bildgebender Verfahren nachgewiesen werden können, reicht die knappe Darstellung aus. In der modernen klinischen Psychologie herrscht weitgehend der Konsens, dass hinsichtlich der Depression ätiologisch von einem multifaktoriellem Komplex durch Erfahrungen, kognitiven sowie biologischen Prozessen ausgegangen werden muss.
Es ist de facto der Fall, dass Suizidalität häufig komorbid mit einer Depression einhergeht. Ca. die Hälfte aller Suizide werden im Verlauf einer depressiven Episode vollzogen, wobei 15% aller Depressiven tatsächlich Selbstmord begehen. Jedoch können auch Schizophrenie, Alkoholismus (bzw. auch andere Drogenabhängigkeit) und eine Borderline-Persönlichkeitsstörung ein erhöhtes Suizidrisiko manifestieren. Methodisch werden bei vollendeten Suiziden eher drastischere Maßnahmen wie Erschießen, Erhängen oder tödlicher Sturz aus der Höhe mehrheitlich bevorzugt. Suizidversuche übersteigen vollendete Suizide quantitativ um das zehnfache, eine Lebenszeitprävalenz von vollendeten Suiziden beträgt bei Männern 1,5% und bei Frauen 0,7%.
All diese Fakten, Informationen und Zusammenhänge bieten bereits eine weitaus bessere Möglichkeit, Depressionen bzw. auch die Darstellung der Depression in Medien und den Umgang mit Depressiven kritisch zu reflektieren. Anstatt also nur aus Medien bekannten Menschen voreilig eine Depression zu bescheinigen und sich dabei auf die Aussagen und Einschätzungen von PsychologInnen in Interviews zu verlassen, sollte vielmehr die Komplexität psychischer Krankheiten im Hinblick auf ihre Ätiologie, Epidemiologie, Symptomatologie und Diagnose bedacht werden. Sicherlich kann in diesem Rahmen nur ein kleiner Beitrag zur Entstigmatisierung und Befreiung von Vorurteilen gegenüber der Depression als psychischer Krankheit geleistet werden. Es wird jedoch in diesem bescheidenen Rahmen bereits deutlich, wie absurd und verfehlt die Psychologisiererei vieler vermeintlicher ExpertInnen in der medialen Öffentlichkeit ist, dieser Tage hinsichtlich des tragischen Flugzeugabsturzes in den französischen Alpen.
janison am 29. März 15
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Warum Steuern wichtig sind
In der medialen Berichterstattung kommt es immer wieder zu verkürzten Darstellungen von Sachverhalten. Das ist teilweise notwendig, um diese Sachverhalte allen Menschen verständlich zu machen (auch jenen, die keinen Masterabschluss in Politikwissenschaften haben) und auch nicht weiter dramatisch, wenn der Original-Sachverhalten durch die Verkürzung nicht verfälscht oder verzerrt wird.
Leider kommt es auch immer wieder dazu, dass genau Letzteres passiert und es zu falsch wiedergegebenen oder arg verzerrten Meldungen kommt. Ein wichtiges Beispiel ist hier die Rentenpolitik, bei der ausschließlich mit dem demografischen Wandel der Teufel an die Wand gemalt wird. Aspekte wie die Massenarbeitslosigkeit, die verstärkt wird, wenn Menschen noch länger arbeiten müssen und viele andere, die diese neoliberale Erzählung hinterfragen würden, werden leider meistens ausgeblendet. Da dies aber nicht das heutige Thema sein soll, möchte ich lediglich auf ein
PDF aus der ZEIT (hochgeladen von der Nachdenkseiten) hinweisen, das einige interessante Punkte zur Rente darlegt.
Ein weiteres Thema, was leider immer wieder verzerrt dargestellt wird, ist das Thema Steuereinnahmen. So hört man fast jedes Jahr auf's Neue von "Rekordsteuereinnahmen", die immer wieder dazu genutzt werden, den vermeintlich nicht zu sättigenden Staat zu kritisieren. Auch die meisten Artikel, die relativ sachlich mit der Tatsache umgehen, schaffen es nicht, eine simple Wahrheit auszusprechen (auch wenn sie nah dran sind wie
hier): Jährlich steigende Steuereinnahmen sind völlig normal und ein Zeichen für eine Wirtschaft, die wächst und nicht in einer Rezession steckt. Eine Wirtschaft, die mehr produziert und mehr verkauft, zahlt mehr Steuern. Wenn die Menschen, die in einer wachsenden Wirtschaft arbeiten, mehr Geld verdienen (und das natürlich völlig zurecht), zahlen sie auch mehr Steuern. Um diesen Sachverhalt darzustellen, braucht man gerade mal einen Absatz. Dies würde aber den Interessen vieler Unternehmen und Unternehmensverbände widersprechen, die immer wieder für einen schwachen Staat kämpfen, der möglichst viele Aufgaben an den privaten Sektor abgibt und der seinen BürgerInnen eine möglichst geringe Absicherung bietet, damit diese unter Druck geraten. Leider sind auch große Teile der Medienlandschaft in der Hand weniger Konzerne, die ihre Interesse innerhalb der kapitalistischen Marktlogik vertreten. Deshalb wird das Thema nur sehr selten aufgedröselt.
Die Frage, warum dann die Steuersätze nicht gesenkt werden sollten, liegt natürlich auch auf der Hand: Eine Wirtschaft, die wächst und in der Menschen mehr Geld verdienen, wird im Normalfall auch eine höhere Inflationsrate haben, da auch Preise hochgehen. Dadurch wird auch alles für den Staat teurer, der nun für Investitionen oder auch, um es ganz runterzubrechen, für jeden Kugelschreiber mehr Geld bezahlen und auch seine staatlichen Leistungen finanziell anpassen muss. Außerdem muss gerade in einer wachsenden Wirtschaft mehr Geld vom Staat investiert werden, z.B. in die Verkehrsinfrastruktur.
Und dann sind wir auch schon beim Knackpunkt angelangt. Es gibt viele Menschen, die sich darüber beschweren, Steuern zahlen zu müssen. Im Einzelfall muss das auch nicht zu Unrecht sein. Gerade im Bereich der unteren und mittleren Mittelschicht kann ich Verständnis aufbringen für solche Klagen angesichts der Tatsache, dass Arbeitseinkommen im Vergleich zu Kapitaleinkommen und Vermögen vergleichsweise hoch besteuert werden. Mein Verständnis endet aber spätestens dann, wenn sich fünf Sätze später darüber aufgeregt wird, dass man mal wieder durch ein Schlagloch gefahren oder das Bildungssystem unterfinanziert sei.
Dass es zwischen Steuern und staatlichen Leistungen wie Instandhaltung von Infrastruktur und Bildungsfinanzierung einen direkten Zusammenhang gibt, wird von diesen Menschen entweder nicht gesehen oder geflissentlich ignoriert.
Durch Steuern wird eine riesige Menge an Feldern finanziert. Bildung und Infrastruktur sind neben Gesundheit große Brocken, aber auch jegliche Form der öffentlichen Verwaltung. Tatsächlich ist Deutschland kein Hochsteuerland, wie man durch das mediale Bombardement zum Thema Rekordsteuereinnahmen denken könnte, sondern eher Durchschnitt und schon gar nicht ist der Staat ein besonders "verschwenderischer" (Die Staatsquote, also Staatausgaben im Vergleich zum Bruttoinlandsprodukt, liegt
ein gutes Stück unter dem EU-Durchschnitt). Gleichzeitig sind die öffentlichen Dienstleistungen in Deutschland massiv unterfinanziert (siehe Schulen, Hochschulen, das Gesundheitswesen) und haben viel zu wenig Personal. Kein Wunder, wenn mitbedacht wird, dass das Personal im öffentlichen Dienst seit Anfang der neunziger Jahre (und einer massiven Privatisierungswelle, z.B. bei der Deutschen Post) von etwa
6,7 Millionen auf etwas über
4,6 Millionen Mitte 2013 (und ungefähr auch heute) geschrumpft ist. Damit liegt Deutschland im europäischen Vergleich meilenweit hinter den skandinavischen Staaten wie Norwegen und auch deutlich hinter Frankreich (
etwa 30 bzw. 23 Prozent) - und somit auch insgesamt eher am unteren Ende.
Wie konnte es dazu kommen? Ganz simpel: In der Zeit zwischen dem Untergang der Sowjetunion und dem Ausbruch der Finanzkrise galt in der westlichen Welt und in Deutschland besonders stark das Credo: Privat vor Staat. Dem vermeintlich ineffizienten Staat sollte soviel wie möglich aus den Händen genommen werden, da die private Wirtschaft es ja eh viel effizienter und besser bewerkstelligen könne. Besonders perfide ist die Vorgehensweise der neoliberalen Bewegung, mit der staatliche Leistungen als schlecht und ineffizient gebrandmarkt werden. Zunächst wird einfach behauptet, der Staat habe zu viel Geld für seine öffentlichen Dienstleistungen und arbeitet ineffizient. Diese Lüge wird solange wiederholt, bis die Steuern gesenkt und das Geld für staatliche Dienstleistungen gekürzt wird. Durch diese Kürzungen verschlechtert sich natürlich auch das Angebot, woraufhin von neoliberaler Seite sofort der Stich kommt, die öffentliche Leistung sei qualitativ schlecht und von privaten viel hochwertiger (und natürlich effizienter) erbringbar. Wenn das Mantra lange genug wiederholt wird, kommt es schließlich zur Privatisierung (Der Prozess wird eindrucksvoll von Albrecht Müller im Buch "Meinungsmache" beschrieben).
Aber es ist nunmal erwiesenerweise Quatsch, dass der Staat immer ineffizient ist und der Markt besser. Im Bereich Kommunikation (Telefon, Internet) hat sich der Markt tatsächlich als innovationsfördernd und qualitätsverbessernd erwiesen. Dagegen stehen aber mannigfaltige Beispiele im Bereich Energie, Wasser, Krankenhäuser, öffentlicher Personennah- und Fernverkehr etc., bei denen Privatisierung weltweit zu einer deutlich verschlechterten Lage geführt haben.
Der Punkt ist, dass Teile der elementaren öffentlichen Daseinsvorsorge für alle Menschen kostenlos (oder zumindest zu einem für jeden und jede erschwinglichen Preis) zu einer guten Qualität zur Verfügung gestellt werden müssen. Der kapitalistische Markt an sich, der auf Profitmaximierung angelegt ist, kann und will dies nicht in erster Linie gewährleisten. Deswegen müssen diese Güter und Dienstleistungen dem Markt enzogen und öffentlich organisiert werden.
Diese Güter und Dienstleistungen sind das Mindeste, was der Staat organisieren und qualitativ hochwertig anbieten muss. Er ist dafür auf Steuergeld angewiesen. Über die Funktion der öffentlichen Daseinsvorsorge hinaus bin ich aber der Meinung, dass der Staat auch in das Wirtschaftsgeschehen eingreifen können muss, sowohl regulierend als auch als ein Investitions- und Innovationsmotor. So muss er in Krisenzeiten Nachfrage erzeugen können und auch in Bereiche investieren, die privaten InvestorInnen zu heikel sind, um den Fortschritt zu fördern (warum es viele Innovationen, die dem Markt zugeschrieben, sonst nicht gäbe, kann sehr schön
hier nachgelesen werden). Auch das sind für mich enorm wichtige Gründe, einen gut ausfinanzierten Staat zu haben.
Alles in Allem kann ich nur allen Menschen raten, die öfter über Steuern und den Staat herziehen, mal über einige Zusammenhänge länger nachzudenken und nicht immer nur draufzuhauen. Wenn es viel Unterrichtsausfall gibt, kann das auch daran liegen, dass der bewundernswerte Nachbar, der drei Parkbänke in der Nachbarschaft gespendet und von der Steuer abgesetzt hat, sein Geld lieber auf den Cayman Islands lagert statt seinen Anteil an den Fiskus zu überweisen, damit die Schule genug LehrerInnen einstellen kann.
Zu polemisch? Vielleicht. Aber sicherlich weniger zynisch als die Mode des Steuer-Bashings.
davezeville am 16. März 15
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