Über die fragwürdige Psychologisiererei zum Verhalten des Co-Piloten des Unglücksfluges
Es ist schon beeindruckend oder wegen fast selbstverständlich gewordener Verhaltensmuster für kritische LeserInnen langweilig oder beschämend, wie vermeintliche ExpertInnen anhand einiger vager Hinweise sich zu einer sicheren psychopathologischen Diagnose des Co-Piloten des Unglücksfluges 4U-9525 in der Lage glauben. Man weiß, dass sich der Co-Pilot in ärztlicher Behandlung am Universitätsklinikum Düsseldorf befand, die dort tätigen Ärzte berufen sich jedoch auf das gesetzliche geregelte Schweigegebot. Es sind in der Wohnung des Co-Piloten (auch zerrissene) Krankschreibungen ausfindig gemacht worden, die eine psychische Erkrankung des Co-Piloten (lediglich!) indizieren. Außerdem kolportiert man in Lufthansa-Kreisen eine Unterbrechung der Ausbildung wegen einer Depression, andere frühere Mitmenschen beschreiben den Co-Piloten als netten, freundlichen, tendenziell ruhigen Zeigenossen, der kein auffälliges Verhalten an den Tag legte.

Wenn mittels DNA-Analyse die sterblichen Überreste des Co-Piloten nachweisbar sind, beginnt erst die rechtsmedizinische Obduktion, welche physiologisch begründete Hinweise auf psychische Erkrankungen durch Blut- und Gewebsuntersuchungen geben kann. Aber auch an dieser Stelle ist zunächst abzuwarten, inwiefern die sterblichen Überreste für eine genaue Bestimmung einer psychischen Störung des Co-Piloten valide sind. Alle bis dato geführten Interviews – auch mit professionellen PsychologInnen – müssen ergo spekulativ bleiben und stellen mitnichten, wie im medialen Mainstream jedoch geschieht, vollendete Tatsachen dar. Zumal ein technischer Defekt des Flugzeuges auch immer noch nicht definitiv ausgeschlossen werden konnte.

Es ist also wieder einmal für unseren Mainstreamjournalismus bezeichnend, tragische Ereignisse durch Desinformation, Spekulationen und vermeintliche ExpertInnenmeinungen zu hypen und ein verzerrtes Bild der Realität zu präsentieren. Würden unsere QualitätsjournalistInnen sich selbst einmal derart darbieten, wie sie das politische Weltgeschehen oder solche tragischen Ereignisse wie den Flugzeugabsturz beurteilen, würden sie sich allesamt regelmäßig schwerwiegende dissoziative Wahrnehmungsstörungen chronischen Ausmaßes attestieren. Aber damit würden sie kein Geld verdienen. Anstatt dem Co-Piloten also voreilig ganz konkrete psychische Erkrankungen zu unterstellen, die jedweder psychopathologischen Validität entbehren, wäre eine Aufklärung über die Depression als psychischer Krankheit - vor allem durch die professionellen PsychologInnen und ÄrztInnen in den Interviews - wünschenswert. Auch im Anbetracht dessen, dass psychischen Krankheiten landläufig viele Vorurteile und Stigmatisierungen anhaften, unter denen psychisch Kranke häufig auch schwerlich zu leiden haben.

Um also nicht aufgrund der hiesigen Hinweise eine eindeutige psychische Störung des Co-Piloten abzuleiten, werden im folgenden, wenn auch in knapper Weise, wissenschaftlich fundierte Informationen über die im Zusammenhang mit den Co-Piloten postulierte psychische Krankheit der Depression vermittelt, anhand derer das öffentliche Bild einer Depression dekonstruiert und entstigmatisiert werden soll, da die Aufklärungsarbeit der öffentlich auftretenden PsychologInnen bedauerlicherweise zugunsten vereinfachender und fehlleitender Erklärungen respektive sofortiger Diagnosestellungen vernachlässigt wird.

Getreu unserer Devise „the important thing is not to stop questioning“, ist auch im Hinblick auf die peinliche Psychologisiererei in der Öffentlichkeit kritisch mit- und weiterzudenken.

Die Depression zählt nach heutigem wissenschaftlichen Konsens durch die weitgehend anerkannten Klassifikationssysteme von Krankheiten ICD-10 und DSM-IV zu den affektiven Störungen. Zu den bekanntesten affektiven Störungen gehören sowohl die Manie als auch die Depression, während affektive Störungen sowohl uni- als auch bipolar auftreten können. Treten sie bipolar auf, wechseln sich manische und depressive Episoden im Krankheitsverlauf ab. Da es hier um eine uniplorale affektive Störung der Depression geht, wird die Manie im Weiteren ausgeklammert. Aber anhand dieses Beispiels wird schon ersichtlich, wie kompliziert eine eindeutige Diagnosestellung psychischer Störungen ist. Körperliche wie psychische Symptome können oftmals nicht eindeutig einer Krankheitskategorie zugeordnet werden, eventuell treten auch weitere Krankheiten komorbid zur vermuteten Krankheit auf. Typische Komorbitäten zur Depression sind Angststörungen, Substanzmissbrauch, sexuelle Funktionsstörungen und Persönlichkeitsstörungen (vgl. hierzu die jeweiligen Kapitel im ICD-10)

Eine Depression zeichnet sich laut ICD-10 durch folgende Symptome aus:

1. Eine ungewöhnlich niedergeschlagene Stimmung über die meiste Zeit des Tages und fast täglich, auch unabhängig von externen Einflussfaktoren.

2. Der Verlust von Freude und Interesse an angenehmen Aktivitäten (Anhedonie).

3. Antriebsschwäche oder erhöhte Müdigkeit.

Ferner ist zu bedenken, dass eine Depression in unterschiedlichen Schweregraden in Erscheinung treten kann. Im ICD-10 werden also leichte, mittelgradige und schwere Depression unterschieden.

Weitere Symptome einer Depression:

4. Verlust von Selbstwertgefühl

5. Unangemessene Schuldgefühle

6. Wiederholte Gedanken an den Tod oder Suizidgedanken

7. Konzentrationsstörungen und/oder Unentschlossenheit

8. psychomotorische Unruhe

9. Schlafstörungen

10. Auffällige(r) Verlust oder Steigerung des Appetits

Im Allgemeinen beträgt die Dauer der Symptome nach ICD mindestens zwei Wochen, genauso wie eine Einnahme psychotroper Substanzen oder eine organische Erkrankung ausgeschlossen werden kann, damit kategorial eine depressive Episode ohne Komorbiditäten nahe liegt.

Leidet jemand wiederkehrend an depressiven Phasen, spricht man von einer rezidivierenden depressiven Störung (vgl. für Depression v.a. F 32 im ICD-10).

Die Depression, epidemiologisch betrachtet, zählt zu den häufigsten psychischen Störungen, ihre Einjahresprävalenz liegt global gesehen bei 5-7% und ihre mittlere Lebenszeitprävalenz bei 16% (Stand 2009). Am häufigsten wird eine Depression im Lebensalter zwischen 20 und 30 Jahren diagnostiziert. Politische, soziale und wirtschaftliche Faktoren spielen bei der Prävalenz ebenfalls eine Rolle, so kann beispielsweise konstatiert werden, dass in niederen sozialen Schichten eine höhere Prävalenz für Depression besteht als in höheren Gesellschaftsschichten.

Weiterhin ist zwischen unterschiedlichen Ausprägungen der Depression zu unterscheiden. Bei einer Zyklothymia wechseln sich depressive und hypomanische (gradueller Unterschied zur Manie) Stimmungen ab, wobei eine Dysthymia durch eine Konstanz spezifischer Symptome gekennzeichnet ist (vgl. F 34.0 und F 34.1 im ICD-10). Psychotische Störungen (also Wahnvorstellungen und Halluzinationen) können mit einer Depression ebenfalls einhergehen, so zum Beispiel hypochondrischer oder nihilistischer Wahn. Aber auch Schuldwahn und/oder in extremer Ausprägung Stupor, der sich durch starke motorische Einschränkung oder Stummheit im wachen Bewusstseinszustand zeigt, können symptomatisch sein.

Fragt man nach den Bedingungen der Entstehung einer Depression als affektiver psychischer Störung, so bewegt man sich im Rahmen der Ätiologie der klinischen Psychologie. Hier herrscht mitnichten eine absolute Einigkeit innerhalb der klinischen Psychologie, welchen Faktoren bei der Entstehung einer Depression Vorzug zu gewähren ist. Dies spiegelt sich in dem Umstand der Existenz unterschiedlicher Paradigmen der klinischen Psychologie wider, die den Schwerpunkt auf unterschiedliche Faktoren bei der Entstehung psychischer Krankheiten, setzen. Psychodynamik, kognitive Lerntheorie und das biologisches Paradigma sind nur drei von mehreren verschiedenen Paradigmen der klinischen Psychologie, innerhalb derer eine psychische Krankheit unterschiedlich verstanden, erklärt und therapiert wird. Dieser Umstand der Paradigmenabhängigkeit verdeutlicht auf wissenschaftlicher Ebene, wie leichtsinnig und pseudowissenschaftlich die öffentlicht in Erscheinung tretenden PsychologInnen agieren und (des)informieren.

Hier soll nur knapp und exemplarisch die Depression aus Perspektive der kognitiven Lerntheorie und dem biologischen Paradigma beleuchtet werden.

Einer der bedeutendsten Vertreter der kognitiven Lerntheorie in Sachen Depression ist der Psychiater und Psychotherapeut Aaron Beck, der von vielen auch als Vater der kognitiven Verhaltenstherapie gefeiert wird. Das Kognitionsmodell Becks geht davon aus, dass auf drei verschiedenen Levels kognitive Prozesse eine Depression verursachen.

Während der Kindheits- und Jugendentwicklung machen Betroffene negative Lebenserfahrungen (z.B. Zurückweisung und Mobbing durch Gleichaltrige, Verlust eines Elternteils durch Tod/Scheidung, fehlende elterliche Zuwendung etc.), die zum Erwerb negativer kognitiver Schemata führen. Diese lösen kognitive Verzerrungen der Realität aus, die sich u.a. in willkürlichen Schlussfolgerungen, selektiven Abstraktionen, Maximierung und Minimierung sowie Schwarzweißdenken widerspiegeln. Schlussfolgerungen werden willkürlich, wenn sie nicht mittels Faktoren und Beweisen untermauert werden können, selektive Abstraktionen stützen sich nur auf ein oder wenige Details, wobei wichtige Faktoren oder Merkmale einer Situation ausgeklammert werden. Bei der Maximierung und Minimierung wird negativen Ereignissen bzw. Leistungen eine übersteigerte Bedeutung beigemessen, wohingegen positive Leistungen und Ereignisse merklich unterschätzt werden. Bekanntlich werden beim Schwarzweißdenken keine positiven und negative Aspekte integriert, sondern lediglich „schwarz“ oder „weiß“ gedacht, sodass es zu einer kognitiv verzerrten Interpretation der Welt kommt.

Die kognitiven Verzerrungen bedingt durch negative Lebenserfahrungen konstituieren eine der drei Ebenen zur Bedingung der Entstehung einer Depression. Aufgrund dieser manifestieren sich die kognitiven Schemata oder Überzeugungen, die durch Situationen im Leben, die an die negativen Lebenserfahrungen erinnern lassen, reaktiviert werden, auf zweiter Ebene. Diese wiederum bedingen die dritte Ebene kognitiver Vorgänge, welche Beck als kongitive Triade bezeichnet. Diese impliziert die negativen Ansichten auf drei konkrete Bezugspunkte, das Selbst, die Umwelt und die Zukunft, auf die sich die negativen Ansicht beziehen. Die kognitive Triade hat wiederum Einfluss auf die beiden anderen Ebenen der Kognition, sodass die drei Ebenen der Kognition in einem wechselseitigen Bedingungsverhältnis stehen, das die Entstehung einer Depression bedingt und verursacht.

In neueren Studien konnte auch ein bidirektionaler Zusammenhang zwischen Emotionen und Kognitionen belegt werden. Langzeituntersuchungen haben ergeben, dass eine wechselseitige Bedingung dysfunktionaler Eisntellungen sowohl emotionaler als auch kognitiver Einstellungen stattfindet, indem negative Emotionen als Ursache für negative Kognitionen und vice versa fungieren können.

Aus Perspektive des biologischen Paradigmas kommt die genetische Veranlagung der Betroffenen zum Tragen. Die klinische Psychologie spricht von einer genetischen Diathese bzw. Prädisposition für die Entstehung einer spezifischen psychischen Störung. Für die Bestimmung genetischer Zusammenhänge von psychichen Störungen sind Familien-, Zwillings- und Adoptionsstudien von Bedeutung, die an dieser Stelle jedoch nicht näher erklärt werden sollen. Es konnte durch einige Studien belegt werden, dass bei der Entstehung einer unipolaren Depression eine genetische Komponente konstitutiv ist. Markus Nöthen und Marcella Rietschel konnten u.a. 2002 in einer Studie belegen, dass Angehörige von unipolar depressiven Betroffenen ein Risiko von 15-20% für die Entwicklung derselben Krankheit aufweisen, während Angehörige von gesunden Probanden ein Risiko von lediglich 7-10% aufweisen. Während eine genetische Diathese also mehrfach belegt wurde, ist das Wie, also die Art und Weise des Zusammenhangs zwischen genetischer Veranlagung und der Entstehung einer Depression m.E. noch relativ unerforscht. Es wird von sehr komplexen genetischen Grundlagen ausgegangen.

Im Rahmen des biologischen Paradigmas sind auch neurowissenschaftliche Erklärungsansätze, die neurochemische Prozesse und hirnfunktionelle- sowie hirnstrukturelle Veränderungen von Betroffenen analysieren, besonders hervorzuheben. Diese können m.E. vor allem zu einer Entstigmatisierung von Depression beitragen, da sie die landläufige Vorstellung einer Depression als rein psychisches/geistiges Phänomen konterkarieren. Mittels moderner bildgebender Verfahren in der Medizin können spezifische Störungen von Hirnfunktionen- und strukturen in Zusammenhang konkreter psychischer Störungen, u.a. der Depression gebracht werden. Dass also ein Beinbruch unmittelbar als physisches Problem erkannt und eingesehen wird, während eine Depression oftmals als rein psychische Scheinkrankheit (emotionale Labilität o.ä.) verschrien wird und damit häufig ein unprofessioneller Umgang mit depressiven Patienten einhergeht (er/sie soll sich mal nicht so haben / zusammenreissen etc.), ist aus Sicht der Neurowissenschaft nicht haltbar, da klare physische Grundlagen bzw. Korrelate einer Depression nachweislich zu konstatieren sind.

Aus der Neuroanatomie ist bekannt, dass sowohl das Serotonin als auch das Dopamin als Neurotransmitter in Bezug auf Depression eine Rolle spielen. Auch hier können die Zusammenhänge nur kurz angerissen und geschildert werden, für ein differenziertes Verständnis funktioneller Neuroanatomie seien die zahlreichen Lehrwerke empfohlen, u.a. das hier auch relevante, 2014 erschienene Werk „Ein Blick ins Gehirn: Psychiatrie als angewandte klinische Neurowissenschaft“ von Dieter Braus. Die ängstlich-depressive Symptomatik ist auf eine geringe Serotonin-Rezeptor-Stimulation zurückzuführen, die im serotonergen System inklusive Hippokampus, subgenualem Kortex, posteriorem Zingulum und Amyglada nachgewiesen wurde. Anhedonie und Stupor können in Verbindung mit einen Dopaminmangel im dopaminergen System gebracht werden. Eine Dopmanindepletion verstärkt die beiden Symptome bei depressiven Patienten weitaus stärker als bei gesunden Probanden. Nach neusten Erkenntnissen hängen die beiden Neurotransmitter jedoch auch von Norephinephrin ab, das Einfluss auf die Funktion der beiden Neurotransmitter hat. Pathophysiologisch wird daraus die Hypothese abgeleitet, dass ein Eingreifen in letzteres System auch bei der Therapie affektiver Störungen eine Rolle spielen kann.

Neben dem neurochemischen Aspekt sind funktionelle und strukturelle Befunde für eine biologische Fundierung der Depression wichtig. Bei einer Depression korreliert eine Hyperaktivität limbischer Areale (Verarbeitung und Kontrolle von Affekten) sowie eine Hypoaktivität kortikaler Areale, die bei Tag und Nacht nachgewiesen werden konnten, womit von einer funktionellen Störung des Gehirns ausgegangen werden kann. Diese hirnfunktionelle Netzwerkstörung hat Auswirkungen auf Stimmungen, Ängste und Schmerzen (auch Schmerzerwartung, wie mittels fMRT belegt wurde). Strukturell konnte bei depressiven Patienten ein verringertes Hippokampusvolumen nachgewiesen werden, welches wiederum Einfluss auf die Funktionen wie Bewegung, Ernährung, Pflege sozialer Kontakte u.a. hat. Ferner konnten strukturell Läsionen in der weißen Substanz des präfrontalen Kortexes nachgewiesen werden. Je stärker die Depression, desto ausgeprägter die vaskulären Läsionen, die mit bildgebenden Verfahren stichhaltig festgehalten werden konnten. Weiterhin lassen sich Volumenreduktionen des rostralen anterioren Zingulum (funktionelle Bedeutung für physiologische und pathologische Gemütszustände) und des posterioren subgenualen präfrontalen Kortex festhalten, wobei letzterer Befund tendenziell eher spezifisch denn regelmäßig ist.

Neurochemische, hirnstrukturelle, aber vor allem hirnfunktionelle Veränderungen ließen sich noch weiter ausdifferenzieren. Für den Zweck, dass die Depression eindeutige biologische Grundlagen hat, die insbesondere mittels moderner bildgebender Verfahren nachgewiesen werden können, reicht die knappe Darstellung aus. In der modernen klinischen Psychologie herrscht weitgehend der Konsens, dass hinsichtlich der Depression ätiologisch von einem multifaktoriellem Komplex durch Erfahrungen, kognitiven sowie biologischen Prozessen ausgegangen werden muss.

Es ist de facto der Fall, dass Suizidalität häufig komorbid mit einer Depression einhergeht. Ca. die Hälfte aller Suizide werden im Verlauf einer depressiven Episode vollzogen, wobei 15% aller Depressiven tatsächlich Selbstmord begehen. Jedoch können auch Schizophrenie, Alkoholismus (bzw. auch andere Drogenabhängigkeit) und eine Borderline-Persönlichkeitsstörung ein erhöhtes Suizidrisiko manifestieren. Methodisch werden bei vollendeten Suiziden eher drastischere Maßnahmen wie Erschießen, Erhängen oder tödlicher Sturz aus der Höhe mehrheitlich bevorzugt. Suizidversuche übersteigen vollendete Suizide quantitativ um das zehnfache, eine Lebenszeitprävalenz von vollendeten Suiziden beträgt bei Männern 1,5% und bei Frauen 0,7%.

All diese Fakten, Informationen und Zusammenhänge bieten bereits eine weitaus bessere Möglichkeit, Depressionen bzw. auch die Darstellung der Depression in Medien und den Umgang mit Depressiven kritisch zu reflektieren. Anstatt also nur aus Medien bekannten Menschen voreilig eine Depression zu bescheinigen und sich dabei auf die Aussagen und Einschätzungen von PsychologInnen in Interviews zu verlassen, sollte vielmehr die Komplexität psychischer Krankheiten im Hinblick auf ihre Ätiologie, Epidemiologie, Symptomatologie und Diagnose bedacht werden. Sicherlich kann in diesem Rahmen nur ein kleiner Beitrag zur Entstigmatisierung und Befreiung von Vorurteilen gegenüber der Depression als psychischer Krankheit geleistet werden. Es wird jedoch in diesem bescheidenen Rahmen bereits deutlich, wie absurd und verfehlt die Psychologisiererei vieler vermeintlicher ExpertInnen in der medialen Öffentlichkeit ist, dieser Tage hinsichtlich des tragischen Flugzeugabsturzes in den französischen Alpen.